Recht auf bürgerliche Freiheiten

Workers striking in Cambodia
25%46%

Der Prozentsatz der Länder, in denen Beschäftigte festgenommen und inhaftiert wurden, hat sich von 25% im Jahr 2014 auf 46% im Jahr 2023 erhöht.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

In 69 von 149 Ländern wurden Beschäftigte im Jahr 2023 festgenommen und inhaftiert. Zahlreiche Regierungen haben den Druck auf Arbeitnehmer*innen, die ihre Rechte geltend machen, und auf Gewerkschaften, die sie unterstützen, dadurch verschärft, dass sie prominente führende Gewerkschaftsvertreter*innen gezielt ins Visier nahmen. In Algerien, Belarus, Kambodscha, Kamerun, der Dominikanischen Republik, Ägypten, El Salvador, Eswatini, Frankreich, Guinea-Bissau, Iran, Hongkong, Indien, Madagaskar, Myanmar, Niger, den Philippinen, Sri Lanka und Südkorea, Thailand, Tunesien, der Türkei, Uruguay und Simbabwe sind führende Gewerkschaftsmitglieder inhaftiert worden, weil man versucht, die institutionelle Macht der Gewerkschaften zu schwächen.

Arbeitnehmerrechtsverletzungen

Asien/Pazifik

78%

78% der Länder in der asiatisch-pazifischen Region haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Gegenüber 83% im Jahr 2022

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Khaing Thinzar, Leiterin der Kommunikationsabteilung des Gewerkschaftsbundes von Myanmar (CTUM), und Ei Phyu Phyu Myint, Mitglied der Industrial Workers Federation of Myanmar (IWFM), wurden überfallen, als sie nach einer friedlichen Demonstration am 20. April 2022 am Stadtrand von Yangon ein Taxi nach Hause nahmen.

Ein Auto rammte ihr Fahrzeug, sechs Soldaten sprangen aus dem Wagen, packten die Frauen und schlugen sie, und nahmen sie und den Fahrer anschließend in Gewahrsam.

Beide Frauen wurden nach § 505A des Strafgesetzbuchs verurteilt. Während der Haft wurden sie gefoltert und sexuell missbraucht. Zusammen mit dem Taxifahrer Nyan Sein wurden sie zu drei Jahren Haft mit Zwangsarbeit verurteilt.

Die Demonstration am 20. April hatten Mitglieder der Myanmar Labour Alliance (MLA), des CTUM und des IWFM aus Protest gegen das Militärregime organisiert. Das Bündnis forderte die Wiederherstellung einer demokratischen Gesellschaft und das Ende der Militärherrschaft.

Seit der Machtübernahme durch die Militärjunta im Februar 2021 sind Dutzende Gewerkschaftsmitglieder getötet worden, und Zehntausende Beschäftigte, die sich an der Bewegung für zivilen Ungehorsam beteiligt hatten, wurden entlassen oder auf schwarze Listen gesetzt.

Gesamtamerika

60%

60% der Länder haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Gegenüber 52% im Jahr 2022

Naher Osten und Nordafrika

47%

47% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Unverändert gegenüber 2022

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Am 31. Januar 2023 gegen 21 Uhr wurde der Generalsekretär der Gewerkschaft der Beschäftigten der tunesischen Autobahngesellschaft Tunisie Autoroutes, Anis Kaabi, bei einem von der Gewerkschaft für den 30. und 31. Januar geplanten Streik festgenommen.

Die Beschäftigten hatten die Verlängerung des 2025 auslaufenden Betriebsvertrags für die Autobahn Tunis-Msaken sowie eine Lohnerhöhung gefordert, wie sie in einer Vereinbarung zwischen dem Gewerkschaftsdachverband Union Générale Tunisienne du Travail (UGTT) und der Regierung vom September 2022 festgelegt worden war. Außerdem sollten die fünf Jahre zuvor versprochenen Uniformen geliefert werden.

Kaabis Wohnung wurde von Sicherheitskräften durchsucht, und seine Familie wurde zunächst nicht über seinen Aufenthaltsort informiert. Erst gegen 23.00 Uhr erhielt er Zugang zu einem Telefon und konnte seine Familie kontaktieren und sie bitten, einen Anwalt in das Polizeirevier von El Gorjani zu schicken.

Seine Verhaftung war eine unmittelbare Reaktion auf eine Anzeige, die Tunisie Autoroutes gegen Kaabi wegen „streikbedingter finanzieller Verluste“ erstattet hatte. Die Verluste standen im Zusammenhang mit der Öffnung von Fahrbahnen während des Streiks an den Mautstellen. Es scheint jedoch, als habe es sich dabei um eine Entscheidung des Managements gehandelt, die Fahrspuren freizugeben. Die Verhaftung von Kaabi erfolgte, nachdem der tunesische Staatspräsident erklärt hatte, dass Gewerkschafter, die mit der Schließung der Autobahnen drohen, „zur Rechenschaft gezogen werden müssen.“

Afrika

40%

40% der Länder in Afrika haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Gegenüber 36% im Jahr 2022

Recht auf bürgerliche Freiheiten

In Guinea-Bissau werden seit 2022 die Wohnungen von zwei führenden Vertretern der União Nacional dos Trabalhadores da Guiné-Central Sindical (UNTG-CS), Generalsekretär Júlio António Mendonça und stellvertretender Generalsekretär Yasser Turé, observiert. Die beiden Gewerkschaftsführer haben beobachtet, wie unbekannte Autos mit getönten Scheiben ständig in der Umgebung ihrer Wohnsitze patrouillierten und wie vermummte Männer in Uniform ihre Häuser überwachten. Außerdem erhielten Mendonça und Turé Nachrichten mit Gewaltdrohungen. Nach Angaben der UNTG-CS ist dies nicht das erste Mal, dass derartige Drohungen gegen Gewerkschafter ausgesprochen wurden.

Europa

26%

26% der Länder in Europa haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Gegenüber 33% im Jahr 2022

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Die Präsidentin des türkischen Ärzteverbandes, Şebnem Korur-Fincancı, wurde am 27. Oktober 2022 gemäß dem türkischen Anti-Terror-Gesetz wegen „Propaganda für eine terroristische Organisation“ und „öffentlicher Verunglimpfung der türkischen Nation, der Republik und ihrer Institutionen“ inhaftiert. Sie hatte sich in den Medien zu den Vorwürfen geäußert, die Türkei habe während ihrer militärischen Operationen im Irak Giftgas eingesetzt, und eine unabhängige Untersuchung gefordert.

Fünf Mitglieder der KESK, die versuchten, an der Gerichtsverhandlung als Beobachter teilzunehmen, wurden festgenommen, später jedoch wieder freigelassen.

Die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara hat außerdem die Absetzung von Şebnem Korur-Fincancı von ihren Aufgaben gefordert. Eine Amtsenthebung wäre ein klarer und nicht hinzunehmender Eingriff in die gewerkschaftliche Organisations- und Gestaltungsfreiheit.

Şebnem Korur-Fincancı ist Gerichtsmedizinerin und verfügt über Jahrzehnte an Erfahrung in der Anti-Folter-Arbeit.

Wegen ihres Aktivismus wurde sie bereits mehrfach verfolgt. 2016 wurde sie bereits einmal verhaftet, weil sie eine Kampagne für Pressefreiheit unterstützt hatte.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Die Regierung von Belarus geht seit April 2022 systematisch gegen die unabhängigen Gewerkschaften des Landes vor, indem sie willkürlich die führenden Köpfe und Mitglieder von Gewerkschaften verhaftet und inhaftiert, und sie einschüchtert und schikaniert.

Am 19. April 2022 wurden mehr als zwanzig führende Mitglieder und Aktivist/innen des Belarussischen Kongresses der Demokratischen Gewerkschaften (BKDP) vom Komitee für Staatssicherheit (KGB) verhaftet, darunter der BKDP-Vorsitzende Aliaksandr Yarashuk. Die Repressionen wurden fortgesetzt, als im Mai weitere Personen gezielt verhaftet wurden, darunter Maksim Pazniakou, der amtierende BKDP-Vorsitzende. Er wurde am 17. Mai 2022 von den Sicherheitsbehörden festgenommen.

Andrei Khanevich, Vorsitzender der gewerkschaftlichen Hauptorganisation der BNP in Grodno Azot, wurde im November zu fünf Jahren, Aliaksandr Mishuk, stellvertretender BNP-Vorsitzender und Vorsitzender der betrieblichen Gewerkschaft bei Belaruskali, zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Am 27. Dezember 2022 verkündete das Minsker Stadtgericht ein Urteil gegen die inhaftierten BKDP-Führer: Der Vorsitzende Aliaksandr Yarashuk wurde zu vier Jahren Haft, sein Stellvertreter Sergei Antusevich zu zwei Jahren und die BKDP-Buchhalterin Irina But-Husaim zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Verurteilt wurden sie wegen Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen. Yarashuk wurde außerdem für schuldig befunden, zu Maßnahmen aufgerufen zu haben, die der nationalen Sicherheit schaden.

Alle drei Gewerkschafter befanden sich seit dem 19. April 2022 in Haft, wobei Aliaksandr Yarashuk während seiner Inhaftierung keinen Kontakt zu seiner Familie, Kollegen oder Anwälten hatte.

Am 5. Januar 2023 verurteilte das Minsker Stadtgericht die Leiter der Gewerkschaft der Beschäftigten der Radioelektronikindustrie (REP): Hennadz Fiadynich wurde zu neun Jahren Gefängnis unter verschärften Haftbedingungen verurteilt, Vasil Berasneu zu neun Jahren in einem Gefängnis mit mittlerer Sicherheitsstufe und Vatslau Areshka zu acht Jahren Haft in einem regulären Gefängnis.

Alle wurden für schuldig befunden, zu Maßnahmen aufgerufen zu haben, die der nationalen Sicherheit schaden, zu anderem sozialen Hass aufgestachelt zu haben und eine extremistische Gruppierung gegründet oder sich an ihr beteiligt zu haben.

Aktivistinnen in Kambodscha unterstützen Angestellte des Hotel- und Kasinokomplexes NagaWorld, wo Gewerkschaftsmitglieder wegen eines Streiks ins Gefängnis kamen. Kambodscha war eins der 69 Länder, in denen arbeitende Menschen festgenommen und inhaftiert wurden, was einen Verstoß gegen das Recht auf bürgerliche Freiheiten darstellt.Tang Chhin Sothy / AFP

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