Naher Osten und Nordafrika

4,53

Systematische Rechtsverletzungen

Unverändert gegenüber dem Vorjahr

Nahost und Nordafrika ist die schlimmste Region für erwerbstätige Menschen

Die Region Nahost/Nordafrika war mit einem durchschnittlichen Rating von 4,65 auch 2023 wieder die schlimmste der Welt im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte und lag zwischen „systematischen Rechtsverletzungen“ und „Rechte nicht garantiert“.


Libyen, Palästina, Syrien und Jemen waren nach wie vor von Konflikten geplagt, und Grundfreiheiten und Rechte wurden mit Füßen getreten.

Trotz der Fortschritte in Katar blieb das Kafala-System in mehreren Golfstaaten bestehen, sodass Wanderarbeitskräfte, die die überwältigende Mehrheit der Erwerbsbevölkerung in der Region stellen, in der Praxis weiterhin schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren.

In Tunesien, wo Präsident Kais Saied seine Alleinherrschaft weiter festigte, fürchteten die Gewerkschaften um ihre Demokratie und bürgerlichen Freiheiten, während in Algerien und Ägypten unabhängige Gewerkschaften nach wie vor um ihre Zulassung durch die feindlich gesinnten Behörden kämpfen mussten und daher nicht ordnungsgemäß arbeiten konnten.

Auf einen Blick

100%

100% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

Unverändert gegenüber 2022
100%

100% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

Unverändert gegenüber 2022
100%

100% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Unverändert gegenüber 2022
95%

95% der Länder in Nahost/Nordafrika haben das Streikrecht von Beschäftigten verletzt.

Unverändert gegenüber 2022
79%

79% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

Unverändert gegenüber 2022
79%

79% der Länder in Nahost/Nordafrika haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

Gegenüber 84% im Jahr 2022
53%

In 53% der Länder in Nahost/Nordafrika waren Beschäftigte gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Gegenüber 42% im Jahr 2022
47%

47% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Unverändert gegenüber 2022

Arbeitnehmerrechtsverletzungen

Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu GewerkschaftenAusschluss Beschäftigter vom arbeitsrechtlichen Schutz

100%

100% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

Unverändert gegenüber 2022

Ausschluss Beschäftigter vom arbeitsrechtlichen Schutz

Der Zugang von Palästinenser*innen zu Arbeit in Israel und den illegalen Siedlungen wird mit einem repressiven Genehmigungssystem, Sicherheitskontrollen und Checkpoints streng kontrolliert. Nur Palästinenser*innen mit einer gültigen Arbeitserlaubnis können von israelischen Unternehmen „legal“ beschäftigt werden. Von den schätzungsweise 133.000 palästinensischen Beschäftigten in Israel und den illegalen Siedlungen hatten rund 94.000 eine Arbeitserlaubnis. Die überwältigende Mehrheit (99%) der Inhaber einer Erlaubnis sind Männer, die zumeist im Baugewerbe arbeiten.

Die Genehmigungen werden für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten ausgestellt, können aber jederzeit willkürlich von den Arbeitgebern oder den israelischen Sicherheitsdiensten entzogen werden. Die Arbeitgeber haben häufig mit dem Entzug von Genehmigungen gedroht, um Beschäftigte zu disziplinieren, die Gewerkschaften beitreten, ihre Rechte einfordern oder sich in irgendeiner Form politisch engagieren.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

100%

100% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Unverändert gegenüber 2022

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Ägypten wurden im März 2018 alle unabhängigen Gewerkschaften aufgelöst. Seither stoßen viele auf unzählige administrative Hindernisse und bemühen sich auch noch 2023 bei den Behörden um ihre offizielle Zulassung. Die Behörden verweigerten 2023 die Zulassung unabhängiger Gewerkschaften in folgenden Sektoren: Bekleidungsindustrie, Landwirtschaft, Glasindustrie, Telekommunikation, Straßenverkäufer und Taxifahrer.

In Betrieben, in denen es bereits eine gelbe Gewerkschaft gab, stießen die Gewerkschaften auf weitere Schwierigkeiten, da die Arbeitgeber behaupteten, dass laut dem Gesetz von 2017 nur ein einziger Gewerkschaftsausschuss gegründet werden könne, was die Gründung einer neuen Gewerkschaft unmöglich macht. Im Jahr 2023 war dies der Fall für unabhängige Gewerkschaften in der Bibliothek von Alexandria, bei der Post, bei mehreren Ortsgruppen von Lehrer*innen-Gewerkschaften sowie in der Justiz.

Rede- und Versammlungsfreiheit

79%

79% der Länder in Nahost/Nordafrika haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

Gegenüber 84% im Jahr 2022

Rede- und Versammlungsfreiheit

Am 1. Mai 2022 haben Beschäftigte aus ganz Iran trotz Repressionsversuchen der Regierung Protestmärsche abgehalten. Insgesamt wurden über 230 Lehrkräfte wegen ihrer Teilnahme an den Maidemonstrationen verhaftet.

Trotz der Präsenz bewaffneter Sicherheitskräfte, die das islamische Parlament umstellt hatten, marschierten in Teheran einige Lehrkräfte mit Protestbannern und Schildern von inhaftierten Lehrkräften am Tag der Freiheit und Gleichheit zu einem der Parks der Stadt.

In der Stadt Buschehr stürmten Polizeikräfte am Morgen eine Versammlung von Lehrer*innen und verprügelten und verhafteten mindestens 12 Personen.

Am 12. Mai versammelten sich Lehrkräfte in mehr als 40 Städten im Iran und protestierten gegen die Inhaftierung ihrer Kolleg*innen. In Jasudsch wurden Sicherheitskräfte vor der Generaldirektion für Bildung postiert, um die Lehrkräfte an einer Versammlung zu hindern. Als die Lehrkräfte versuchten, sich zu versammeln und zu protestieren, wurden mehr als 50 von ihnen festgenommen und inhaftiert.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

47%

47% der Länder in Nahost/Nordafrika haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Unverändert gegenüber 2022

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Am 31. Januar 2023 gegen 21 Uhr wurde der Generalsekretär der Gewerkschaft der Beschäftigten der tunesischen Autobahngesellschaft Tunisie Autoroutes, Anis Kaabi, bei einem von der Gewerkschaft für den 30. und 31. Januar geplanten Streik festgenommen.

Die Beschäftigten hatten die Verlängerung des 2025 auslaufenden Betriebsvertrags für die Autobahn Tunis-Msaken sowie eine Lohnerhöhung gefordert, wie sie in einer Vereinbarung zwischen dem Gewerkschaftsdachverband Union Générale Tunisienne du Travail (UGTT) und der Regierung vom September 2022 festgelegt worden war. Außerdem sollten die fünf Jahre zuvor versprochenen Uniformen geliefert werden.

Kaabis Wohnung wurde von Sicherheitskräften durchsucht, und seine Familie wurde zunächst nicht über seinen Aufenthaltsort informiert. Erst gegen 23.00 Uhr erhielt er Zugang zu einem Telefon und konnte seine Familie kontaktieren und sie bitten, einen Anwalt in das Polizeirevier von El Gorjani zu schicken.

Seine Verhaftung war eine unmittelbare Reaktion auf eine Anzeige, die Tunisie Autoroutes gegen Kaabi wegen „streikbedingter finanzieller Verluste“ erstattet hatte. Die Verluste standen im Zusammenhang mit der Öffnung von Fahrbahnen während des Streiks an den Mautstellen. Es scheint jedoch, als habe es sich dabei um eine Entscheidung des Managements gehandelt, die Fahrspuren freizugeben. Die Verhaftung von Kaabi erfolgte, nachdem der tunesische Staatspräsident erklärt hatte, dass Gewerkschafter, die mit der Schließung der Autobahnen drohen, „zur Rechenschaft gezogen werden müssen.“

In Israel wurde das Recht auf Streik, auf Tarifverhandlungen und auf Vereinigungsfreiheit untergraben. Das Land gehört zur schlimmsten Region für erwerbstätige Menschen: Nahost/Nordafrika.Ahmad Gharabli / AFP

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