Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

People being squashed at a protest
89109

Die Zahl der Länder, in denen die Zulassung von Gewerkschaften behindert wurde, hat sich von 89 im Jahr 2020 auf 109 im Jahr 2021 erhöht.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Aufhebung der Zulassung von Gewerkschaften

Das Recht auf offizielle Anerkennung durch die amtliche Zulassung ist eine wesentliche Komponente des Vereinigungsrechtes, da dies die erste Hürde ist, die Arbeitnehmerorganisationen nehmen müssen, um in wirksamer Weise arbeiten und ihre Mitglieder angemessen vertreten zu können.

Zwischen April 2020 und März 2021 haben die Behörden in 109 von 149 Ländern eingegriffen, um die Zulassung von Gewerkschaften zu behindern bzw. aufzuheben oder Gewerkschaften willkürlich aufzulösen.

Arbeitnehmerrechtsverletzungen

Nahost/Nordafrika

100%

Alle 18 Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Ägypten wurden im März 2018 alle unabhängigen Gewerkschaften aufgelöst. Seither stoßen sie auf unzählige administrative Hindernisse, und viele von ihnen bemühen sich nach wie vor bei den Behörden um ihre offizielle Zulassung.

Am 13. Dezember 2020 hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Beschäftigten im Grundsteueramt Gharbia, deren Rechtsstellung seit April 2018 ungewiss war, die offizielle Zulassung beantragt. Die Begleitunterlagen wurden vom Arbeitsressort informell durchgesehen, aber es wurde keine Empfangsbestätigung erteilt. Am 31. Dezember 2020 wurde den Mitgliedern des Gewerkschaftsausschusses mitgeteilt, dass die Gründung einer weiteren Gewerkschaftsvertretung untersagt werde, da es angeblich bereits eine gleichen Namens in der Einrichtung gebe. Zudem wurde der unabhängigen Gewerkschaft mitgeteilt, dass die Mitgliedschaft der Beschäftigten automatisch auf die bereits existierende Gewerkschaftsvertretung übertragen werde.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Seit dem Jahr 2020 können alle unabhängigen Gewerkschaften im Irak keine Tätigkeiten mehr verrichten. Am 12. Oktober 2020 hat das irakische Arbeitsministerium die Mitteilung Nr. 11367 veröffentlicht, mit der ein Gewerkschaftsmonopol in dem Land eingeführt und der staatliche Verwaltungsapparat angewiesen wurde, ausschließlich mit der offiziell anerkannten General Federation of Iraqi Workers zu verhandeln.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Die jordanische Lehrervereinigung JTA wurde 2020 und 2021 mehrfach von den Behörden ins Visier genommen, u.a. durch die willkürliche Auflösung der Organisation am 31. Dezember 2020 und die Strafverfolgung ihrer Vorstandsmitglieder.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Unabhängige Gewerkschaften sind in Behera (Beschäftigte im Grundsteueramt), in Kairo (Beschäftigte des Ägyptischen Kommunikationsunternehmens), in Damietta (Fischer) und in Qalioubia (Fahrer) auf Schwierigkeiten bei der Zulassung gestoßen.

Asien/Pazifik

91%

91% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Afghanistan haben die Behörden die National Union of Afghanistan Workers and Employees (NUAWE) seit 2018 unablässig ins Visier genommen und die Gewerkschaft letztendlich daran gehindert, Aktivitäten zu verrichten. Im September 2020 hat das Justizministerium den für den 5. September 2020 geplanten Gewerkschaftskongress zum zweiten Mal verboten. Der Kongress hatte bereits im Februar stattfinden sollen, war aber ebenfalls von der Regierung verboten worden.

Die Regierung hat sich zudem nicht an ihre Zusage gehalten, die Sperrung des Kontos der Organisation aufzuheben, und sich geweigert, beschlagnahmtes Eigentum der Gewerkschaft zurückzugeben, “solange kein Kongress stattgefunden“ habe.

Am 19. Januar 2021 konnte die NUAWE ihren Kongress schließlich abhalten. Im Anschluss daran hat sie der Regierung die Liste der neu gewählten Führungsspitze zur Eintragung zugeschickt, die jedoch kategorisch abgelehnt wurde. Die Regierung weigert sich bis heute, die Neuzulassung der NUAWE vorzunehmen, ihre Büros und ihr Eigentum zurückzugeben oder die Sperrung ihrer Konten aufzuheben.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Die Union for New Civil Servants, eine Hongkonger Beamtengewerkschaft, die während der Pro-Demokratie-Proteste im Jahr 2019 gegründet worden war, wurde im Januar 2021 aufgelöst. Beschlossen wurde dies einen Tag nachdem die Regierung ihren Beamten eine vierwöchige Frist gesetzt hatte, um der Stadt ihre Treue zu schwören und sich zur Einhaltung des Grundgesetzes zu verpflichten. Der Gewerkschaftsvorsitzende, Michael Ngan, gab bekannt, dass die Gruppe angesichts des anstehenden Loyalitätsbekenntnisses ihre Auflösung beschlossen habe, man sich ernsthafte Sorgen um die Sicherheit der Mitglieder mache und befürchte, dass einige von ihnen aus dem Staatsdienst entlassen werden könnten.

Gesamtamerika

88%

88% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Viele Gewerkschaften in Haiti konnten im Jahr 2021 keine Tätigkeiten verrichten, während sie auf ihre Zulassung warteten, darunter die beiden Gewerkschaften, die CODEVI-Beschäftigte vertreten (SYNTRAC und USOCO); die Syndicat des Travailleurs-euses du Ministère de la Santé Publique et de la Population (STMSPP) und die Syndicat des Employés de l'Institut Haïtien de Statistiques et d'Informatique (SEIHSI); die Syndicat des Ouvriers MAS-AKANSYÈL (SO-MA-AKAN); die Syndicat National des Employés de la DGI (SYNATE-DGI); die Syndicat des Employés du Ministère de l'Agriculture, des Ressources Naturelles et du Développement Rural (SEMARNDR) und die Syndicat du Personnel de la Primature (SYPP).

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Oktober 2020 sind mehrere Personen in das Hauptbüro der Vereinigung AGEPYM (Asociación General de Empleados Públicos y Municipales) eingebrochen, die Staats- und Kommunalbedienstete in der Stadt San Salvador vertritt. Die Eindringliche bezeichneten sich selbst als "neuen" Vorstand und zwangen die legitimen Vorstandsmitglieder zum Verlassen des Gebäudes.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Die Regierung von El Salvador hat 2021 verstärkt Druck auf die Gewerkschaften ausgeübt und schließlich im März 2021 beschlossen, allen demokratischen Gewerkschaften ihr Mandat zu entziehen und sie somit von der Beteiligung an sämtlichen dreigliedrigen Konsultationen auszuschließen. Durch diesen willkürlichen Beschluss werden den Gewerkschaften ihre Rechte vorenthalten und normale Gewerkschaftsaktivitäten in dem Land unterbunden.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Haiti haben es die Gewerkschaften schon immer schwer gehabt, ihre Zulassung zu erwirken. Die Behörden verlangen in rechtswidriger und willkürlicher Weise Satzungsänderungen von Gewerkschaften, bevor sie sie zulassen. Zudem unterrichten die Behörden den Arbeitgeber vor der Zulassung über einen diesbezüglichen Antrag und erkundigen sich bei ihm, ob die aufgelisteten Beschäftigten Teil des Unternehmens sind. Dadurch haben die Arbeitgeber genügend Zeit und Gelegenheit, um diese Beschäftigten vor der Gründung der Gewerkschaft zu entlassen. Dieses gewerkschaftsfeindliche Verhalten hat die Zulassung vieler unabhängiger Gewerkschaften verhindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Kanada wurde in der Provinz Alberta der Gesetzentwurf Nr. 32 eingebracht, der die Gründung von Gewerkschaften erschwert, indem Zeitpläne für die Abstimmung über eine Gewerkschaftsvertretung abgeschafft werden und die Möglichkeit entfällt, dass die Arbeitsbeziehungsbehörde Gewerkschaften im Falle unlauterer Arbeitspraktiken des Arbeitgebers automatisch ihre Vertretungsbefugnis bescheinigt. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Gewerkschaften die Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedes einholen müssen, um Beiträge erheben zu können, die nicht direkt mit ihrer Vertretung zusammenhängen. Der Gesetzentwurf hat am 29. Juli 2020 die königliche Zustimmung erhalten.

In der Provinz Manitoba hat die Regierung den Gesetzentwurf Nr. 16 eingebracht, der den Behörden neben anderen regressiven Änderungen größere Befugnisse einräumen würde, um die Anerkennung von Gewerkschaften als Tarifparteien abzulehnen, die Verwendung von Gewerkschaftsgeldern zu überprüfen und Gewerkschaften aufzulösen.

Afrika

79%

79% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Am 5. Oktober 2020 wurde die Zulassungsbescheinigung der Hafenarbeitergewerkschaft Dockworkers’ Union of Liberia (DOWUL) bei der nationalen Hafenbehörde vom Arbeitsministerium bis zur Klärung von Vorwürfen im Zusammenhang mit Anstiftung zur Gewalt bei APM Terminals im Freihafen von Monrovia ausgesetzt. Angaben des Arbeitsministeriums zufolge sei es von der Geschäftsführung von APM Terminals über einen Bummelstreik unterrichtet und um eine Intervention gebeten worden. Treffen der DOWUL-Führung mit Vertretern von APM Terminals und des Arbeitsministeriums waren ohne Ergebnis verlaufen, und in den darauffolgenden Tagen organisierte die DOWUL einen Streik in dem Freihafen, woraufhin das Arbeitsministerium die Zulassung der Gewerkschaft aussetzte.

Europa

37%

37% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Januar 2021 haben die Minsker Behörden ohne Erklärung die Zulassung der BITU-Mitgliedsgewerkschaften von Studierenden und Lehrenden an der Staatlichen Universität von Belarus verweigert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Der Gewerkschaftsbund Kirgisistans (FTUKg) hat sich im Jahr 2020 gegen Versuche der Regierung gewehrt, die Kontrolle über seine gewählten Ämter zu übernehmen.

Am 5. Februar 2020 ist es dem FTUKg-Führungsgremium schließlich gelungen, den FTUKg-Vorsitzenden, Mirbek Asanakunov, abzusetzen, der 2017 mit umfangreicher Unterstützung und Hilfe seitens der Regierung gewählt worden war. Das Führungsgremium ernannte Ryskul Babayeva zur neuen Vorsitzenden. Als Vergeltung führte die Regierung eine Reihe von Hausdurchsuchungen bei führenden FTUKg -Vertreter*innen durch und leitete aus fadenscheinigen Gründen strafrechtliche Ermittlungen ein. Die Arbeit des FTUKg wurde praktisch gelähmt, und seine Bankkonten wurden gesperrt. Sein im Dezember 2020 geplanter Kongress wurde aufgrund der Anordnung des stellvertretenden Ministerpräsidenten, die anstehenden Wahlen auszusetzen, abgesagt. Schließlich war das Mandat der gewählten FTUKg -Mitglieder abgelaufen. Am 10. Dezember 2020 übernahmen mehrere Personen unter Federführung eines Parlamentsabgeordneten die Kontrolle über das Gebäude des Gewerkschaftsbundes.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Am 24. November 2020 haben die Behörden in Moskovsky (einem Minsker Bezirk) beschlossen, den neu gegründeten BITU-Gewerkschaften bei zwei IT-Unternehmen, EPAM Systems und JSC Peleng, unter dem Vorwand, dass es keine gemeinsamen beruflichen Interessen zwischen den Beschäftigten dieser Unternehmen und den Aktivitäten der BITU gebe, die Zulassung zu verweigert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Belarus wird der unabhängigen belarussischen Gewerkschaft BITU und ihren betrieblichen Organisationen seit Jahren die Zulassung aus fadenscheinigen Gründen verweigert. Am 13. Oktober 2021 haben sich die Behörden in Polotsk in rechtswidriger Weise geweigert, die neu gegründete Gewerkschaft beim Glasfaserhersteller Polotsk-Steklovolokno anzuerkennen. Nach belarussischem Gesetz hat eine solche Anerkennungsverweigerung automatisch die Auflösung der Gewerkschaft zur Folge.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Dezember 2020 haben die Kommunalbehörden in Schymkent ein Gerichtsverfahren angestrengt und die Aussetzung der Aktivitäten der Öl- und Energiearbeitergewerkschaft beantragt. Hinter diesem Antrag standen drei Unternehmen, Oil Construction Company LLP, West Oil LLP und Bozashy Trans Kurylys LLP, die behaupteten, dass die Gründungsdokumente und die Struktur der Gewerkschaft nicht den neuen gesetzlichen Bestimmungen entsprächen. Nach einem zügigen Verfahren, das am 20. Januar 2021 begann, entschied das Gericht, die Zulassung der Gewerkschaft auszusetzen. Gegen das Urteil wurde Einspruch erhoben.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Seit der Aufhebung seiner Zulassung am 28. März 2017 wird der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Kasachstans (CNTUK) von der Regierung an einer Neuzulassung unter einem anderen Namen gehindert, so dass der Bund keine Gewerkschaftsaktivitäten verrichten kann. Die Frage der Überweisung der beschlagnahmten Gelder des aufgelösten CNTUK an eine andere Gewerkschaft wurde 2021 nicht geklärt.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im April 2020 wurde die Gewerkschaft der Beschäftigten des armenischen Wirtschaftsministeriums von der Regierung verboten, die behauptete, dass die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder nach der Umstrukturierung des Ministeriums Ende 2019 so weit zurückgegangen sei, dass die Gewerkschaft keine Existenzberechtigung mehr habe. Gleichzeitig hat das Ministerium den ausgehandelten automatischen Abzug der Mitgliedsbeiträge von den Gehältern eingestellt.

Die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst Armeniens hat schriftlich eine Klärung gefordert, woraufhin der Minister erwiderte, dass erste Untersuchungen ergeben hätten, dass “die Beschäftigten unzufrieden mit der Gewerkschaft“ seien. Im weiteren Verlauf des Monats tauchten Vertreter des Ministeriums beim Gewerkschaftsvorsitzenden zu Hause auf und zwangen ihn, einen an den Minister adressierten Brief zu unterschreiben, in dem er über die Einstellung der Gewerkschaftsaktivitäten im Ministerium unterrichtet wurde.

Protestierende in Kasachstan fordern die Freilassung politischer Gefangener. Die Behörden haben verschiedene Taktiken angewandt, um Gewerkschaften zu unterdrücken, wie etwa durch die Verhinderung ihrer Zulassung oder die gerichtliche Aufhebung ihrer Zulassung.Ruslan Pryanikov / AFP

Dreijahrestrends: Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

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