Europa

2,51

Wiederholte Rechtsverletzungen

Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr

In Europa hat sich das durchschnittliche Rating auf 2,51 erhöht, womit der Kontinent zwischen (2) Wiederholte Rechtsverletzungen und (3) Regelmäßige Rechtsverletzungen liegt. In mehreren europäischen Ländern wurden soziale Bewegungen und Streiks von den Behörden unterbunden, was willkürliche Festnahmen und zum Teil Gewalt zur Folge hatte. In manchen osteuropäischen Ländern wurden unabhängige Gewerkschaften nach wie vor stark unterdrückt.

Auf einen Blick

73%

73% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

54%

54% der Länder haben das Tarifverhandlungsrecht verletzt.

41%

41% der Länder haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

34%

34% der Länder in Europa haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

29%

29% der Länder haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

12%

In 12% der Länder in Europa waren Beschäftigte gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

37%

37% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

22%

22% der Länder in Europa haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

Arbeitnehmerrechtsverletzungen

StreikrechtStrafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

73%

73% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

Strafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

Am 23. November 2020 wurden der FGTB-Vorsitzende, Thierry Bodson, und 16 weitere Gewerkschafter wegen “böswilliger Verkehrsbehinderung während eines Streiks” vom Strafgericht Lüttich zu zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen und Bußgeldern zwischen 600 und 4.800 Euro (723 US$ – 5.782 US$) verurteilt. Die 17 Aktivisten waren wegen ihrer Beteiligung an einem Generalstreik gegen die Sparmaßnahmen im Jahr 2015 verklagt worden, weil sie die Autobahn E40 in Cheratte am 19. Oktober 2015 blockiert hatten.

Ihre Verurteilung wurde von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Belgien verurteilt und von vielen als Beeinträchtigung demokratischer Rechte bezeichnet, wobei die Notwendigkeit unterstrichen wurde, Artikel 406 des Strafgesetzbuches, der eine Strafverfolgung und Verurteilung aus diesem fragwürdigen Grund ermöglicht, umgehend zu überarbeiten. Es war bereits das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass FGTB-Mitglieder auf der Grundlage dieses Artikels verurteilt wurden.

Strafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

Am 24. November 2020 ging die türkische Polizei mit voller Härte gegen Mitglieder der Metallarbeitergewerkschaft Birlesik Metal-Is vor, die einen Marsch von Gebze nach Ankara organsiert hatte, um gegen die ungerechtfertigte Entlassung von Beschäftigten in mehreren Betrieben sowie dagegen zu protestieren, dass Covid-19 zum Vorwand genommen wurde, um gezielt Gewerkschaftsmitglieder in unbezahlten Urlaub zu schicken. Der Beginn des Marsches wurde durch eine massive Polizeipräsenz verhindert, und 109 Birlesik-Metal-Is-Mitglieder wurden in Polizeigewahrsam genommen. Aus Videoaufnahmen von den Verhaftungen geht übermäßige Polizeigewalt hervor.

Strafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

Zehntausende Menschen haben sich in Belarus an Streiks und Demonstrationen beteiligt, seit Alexander Lukaschenko den Sieg bei den manipulierten Präsidentschaftswahlen Anfang August 2020 für sich beansprucht hat. Tausende wurden verhaftet und in Gewahrsam genommen, und mehr als 150 blieben hinter Gittern. Darüber hinaus hatten Streiks überall im Land rechtliche Konsequenzen für die Beteiligten. In Zhlobin verurteilte ein örtliches Gericht Igor Povarov, Alexander Bobrov und Yevgeny Govor vom Metallbetrieb BMZ zu drei bzw. zweieinhalb Jahren Gefängnis wegen des Versuchs, am 17. August 2020 einen Streik in dem Betrieb zu organisieren.

StreikrechtEntlassungen wegen Streikbeteiligung

73%

73% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

Entlassungen wegen Streikbeteiligung

Am 9. November 2020 begannen Beschäftigte von Georgian House, einem Fleischproduktehersteller und Einzelhändler in Georgien, einen Streik, um die Wiedereinstellung von 17 Beschäftigten, die rechtswidrig entlassen worden waren, sowie bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Gleichzeitig beantragten die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft beim Arbeitsminister die Ernennung eines Vermittlers und den Beginn von Verhandlungen. Die Vermittlung verlief erfolglos, und die Geschäftsführung von Georgian House entließ vier weitere an dem kollektiven Konflikt beteiligte Arbeitskräfte und bestrafte andere mit einer 49-prozentigen Kürzung ihrer Löhne. Die Arbeitnehmerproteste wurden angesichts dieser neuen Sanktionswelle fortgesetzt. Insgesamt wurden 13 Beschäftigte, die sich an dem Streik beteiligt hatten, entlassen.

Recht auf Tarifverhandlungen

54%

54% der Länder haben das Tarifverhandlungsrecht verletzt.

Recht auf Tarifverhandlungen

Am 4. Februar 2021 hat das slowakische Parlament Arbeitsgesetzänderungen beschlossen, die die Tarifverhandlungen in dem Land ernsthaft untergraben. Kraft der neuen Bestimmungen, die zuvor nicht mit den Gewerkschaften erörtert worden waren, wurde die Ausweitung von auf höherer Ebene abgeschlossenen Tarifverträgen untersagt. Nur vor dem 1. März 2021 abgeschlossene Verträge blieben bis zum Ende ihrer Laufzeit in Kraft. Diese Änderungen werden katastrophale Auswirkungen auf die Tarifbindung in der Slowakei haben, die aktuell bei lediglich 26 Prozent liegt.

Recht auf Tarifverhandlungen

Das Möbelunternehmen IKEA hat an seinem Hauptstandort in den Niederlanden eine gelbe Gewerkschaft (die IKEA-Mitarbeitervereinigung WIM) ins Leben gerufen, ihr Privilegien und Räumlichkeiten zugestanden, die anderen Betriebsgewerkschaften nicht angeboten wurden. Diese Begünstigung war bei den Tarifverhandlungen im Oktober 2020 offensichtlich.

Recht auf Tarifverhandlungen

Der Weinbaubetrieb Aroma in Moldawien hat im Jahr 2020 die Inkraftsetzung des Tarifvertrages einseitig ausgesetzt und sich geweigert, Verhandlungen mit der repräsentativen Gewerkschaft in dem Betrieb zu führen, die Mitglied der Agroindsind ist (der Vereinigung der Agrar- und Lebensmittelbranche von Moldawien). Stattdessen hat der Betrieb die Führungsspitze der Gewerkschaft ins Visier genommen und die Gewerkschaftsvorsitzende Nina Negru zunächst versetzt, dann herabgestuft und schließlich entlassen.

Recht auf Tarifverhandlungen

Die ungarische Regierung hat vor kurzem nachteilige Dekrete für Beschäftigte im Gesundheitswesen erlassen. Die Bestimmungen, die am 18. November 2020 in Kraft traten, erlegten den Gewerkschaften im Gesundheitswesen stärkere Beschränkungen auf, untersagten eine ungehinderte gewerkschaftliche Organisation und untergruben das Streikrecht. Im Rahmen der Dekrete wurde den Beschäftigten im Gesundheitswesen ihr Beamtenstatus entzogen, und sie mussten bis zum 1. März 2021 einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben. Darüber hinaus wurden die kollektiven Rechte der Beschäftigten im Gesundheitswesen durch das Verbot künftiger Tarifverträge ab Januar 2021 beschnitten, und alle bisher abgeschlossenen Tarifverträge liefen an dem Tag ab. Das Streikrecht wurde ebenfalls stark eingeschränkt, da die spezifischen Regeln dafür in einer Vereinbarung zwischen der Regierung und den “betroffenen Gewerkschaften” festgelegt werden müssen. Gibt es keine derartige Vereinbarung, kann das Streikrecht nicht wahrgenommen werden.

Recht auf Tarifverhandlungen

Die Geschäftsführung der Ölraffinerie Naftan in Belarus hat die Klausel eines Tarifvertrages, der zufolge Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaftsvertreter*innen nicht ohne Zustimmung der Gewerkschaft auf Betreiben des Arbeitgebers entlassen werden können, in rechtswidriger Weise sechs Monate lang ausgesetzt. Kurz darauf wurden Gewerkschaftsmitglieder fristlos entlassen. Der stellvertretende Direktor von Naftan erklärte, die Maßnahme diene "der Verbesserung der Arbeitsdisziplin".

Recht auf Tarifverhandlungen

In Israel hat die Regierung Verhandlungen im öffentlichen Dienst regelmäßig verzögert und sich geweigert, über eine Vielzahl von Themen zu diskutieren, die im Einklang mit israelischem Gesetz eindeutig Gegenstand von Verhandlungen sein sollten.

Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu GewerkschaftenGewerkschaftsfeindlichkeit

41%

41% der Länder haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

Seit ihrer offiziellen Anerkennung am 27. November 2019 wurden Mitglieder der Bergarbeitergewerkschaft von Bulqiza (SMBB) systematisch entlassen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft, Elton Debreshi, wurde von AlbChrome, dem größten Chromproduzenten in Albanien, nur wenige Tage nach der Gründung der Gewerkschaft entlassen. Die Beschäftigten begannen daraufhin einen Streik, um die Wiedereinstellung ihres Gewerkschaftsvorsitzenden zu fordern. In den folgenden Tagen wurden noch weitere führende Gewerkschaftsvertreter und aktive Mitglieder vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen und verhört.

Der Beschäftigten beendeten den Streik, nachdem die örtliche Arbeitsaufsicht zugesagt hatte, dass Entlassungen von Gewerkschaftern rasch geprüft würden, aber im Dezember 2019 entließ AlbChrome drei weitere Mitglieder des Gewerkschaftsvorstandes: Beqir Duriçi, Behar Gjimi und Ali Gjeta. Darüber hinaus wurde zahlreichen Beschäftigten mit Entlassung gedroht, falls sie der neuen Gewerkschaft beiträten oder Mitglied blieben. Die SMBB ist bezüglich der Entlassungen inzwischen vor Gericht gegangen und hat auch den Antidiskriminierungsbeauftragten eingeschaltet. Im November 2020 kam Letzterer zu dem Schluss, dass die führenden Vertreter der SMBB aufgrund ihrer Gewerkschaftsaktivitäten von AlbChrome diskriminiert worden seien. Die Gerichtsverfahren waren unterdessen noch nicht abgeschlossen, und die vier Gewerkschafter warteten nach wie vor auf ihre Wiedereinstellung.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

In der Türkei sind die Gewerkschaften seit langem diskriminierenden Taktiken der Arbeitgeber ausgesetzt, um die Gründung von Gewerkschaften am Arbeitsplatz zu verhindern. Am häufigsten werden zu diesem Zweck genügend Gewerkschaftsmitglieder entlassen, um die Gewerkschaft nicht mehr als repräsentativ anerkennen zu müssen. Der Metallbetrieb Özer Elektrik, der elektrische Geräte herstellt, hat zehn Gewerkschaftsmitglieder entlassen, bevor die Gewerkschaft Birleşik Metal-İş, die die Mehrheit der Beschäftigten in dem Betrieb vertrat, im Juli 2020 ihre Zertifizierung als Tarifpartei beim Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales beantragen konnte. Zudem hat Özer Elektrik die Sicherheitsdienste eingeschaltet, um protestierende Gewerkschaftsmitglieder zu vertreiben. Führende Gewerkschaftsvertreter wurden in Gewahrsam genommen, um den Beschäftigten Angst vor einer Gewerkschaftsmitgliedschaft zu machen.

Ähnlich lief es im August 2020 ab, als der Kabelhersteller Ünal Kablo kurz bevor die Gewerkschaft Türk Metal ihre Anerkennung beantragte, 31 Gewerkschaftsmitglieder entließ und somit nicht mehr genügend Mitglieder für eine Anerkennung als Tarifpartei vorhanden waren. Als eine andere Gewerkschaft, Özçelik-İş, ihre Anerkennung als Tarifpartei bei Sampa Otomotiv beantragt und belegt hat, dass sie die Mehrheit der Beschäftigten vertrat, reagierte das Unternehmen mit der Entlassung von 71 Gewerkschaftsmitgliedern.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

Am 31. Dezember 2020 hat das Gericht Bologna in Italien den angeblich objektiven Algorithmus, den die Essenslieferdienst-Plattform Deliveroo für die Zuteilung von Aufträgen entwickelt hat, als diskriminierend für Fahrer*innen befunden, die streiken, und das Unternehmen daher angewiesen, den Gewerkschaften, die das Verfahren angestrengt hatten, Schadenersatz zu zahlen. Das Gericht kam zu der Ansicht, dass es eine bewusste Entscheidung der Geschäftsführung gewesen sei, nicht verfügbare Fahrer*innen durch ein diskriminierendes Reputationssystem schlechter zu stellen, wobei das System keinerlei Unterschied zwischen denen macht, die aus nicht triftigen Gründen abwesend sind, und denen, die keine Lieferaufträge annehmen, weil sie von ihrem Streikrecht Gebrauch machen. Das Gericht war daher der Auffassung, dass das von Deliveroo angewandte Evaluierungssystem das Ergebnis einer bewussten Entscheidung des Unternehmens zugunsten der Verfügbarkeit der Fahrer*innen und zum Nachteil derjenigen, die ihr Streikrecht wahrnehmen, sei.

Recht auf Gerechtigkeit

34%

34% der Länder in Europa haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

Recht auf Gerechtigkeit

Am Vormittag des 6. November 2020 führte die Polizei bei mehreren Mitgliedern der Bildungs- und Wissenschaftsgewerkschaft Eğitim-Sen in der mehrheitlich von Kurden bewohnten Provinz Diyarbakır zu Hause eine Durchsuchung durch und nahm 26 Lehrkräfte in Gewahrsam. Die Durchsuchungen waren Teil einer von der Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır aus nicht genannten Gründen eingeleiteten Untersuchung. Die Polizei durchsuchte zudem auch die Schränke von Lehrkräften in ihren Klassenzimmern, während sie zur Sicherheitsdirektion Diyarbakır gebracht wurden.

Recht auf Gerechtigkeit

Am 27. Oktober 2020 wurde Alexander Zhuk, Vertreter der Gewerkschaft BITU bei OJSC Grodno Azot, auf dem Weg zur Arbeit entführt. Bis Mittag war klar, dass er zur Staatsanwaltschaft gebracht worden war, wo er von der Polizei und vom Geheimdienst vernommen wurde. Am Abend desselben Tages wurde Zhuk offiziell verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis im Bezirk Oktyabrsky gebracht, wo er aufgrund mehrerer unklarer mutmaßlicher Ordnungswidrigkeiten eine 30-tägige Haftstrafe verbüßte.

Recht auf Gerechtigkeit

Am 16. Februar 2020 wurde das Büro der belarussischen Gewerkschaft REP, die die Beschäftigten in der Rundfunk- und Elektronikindustrie vertritt, von der Polizei durchsucht. Sämtliche Kommunikationsgeräte und Laptops wurden beschlagnahmt, ebenso wie fast alle wichtigen Unterlagen, auch Buchhaltungsunterlagen, verschiedene Print- und Kampagnenmaterialien und privates Geld. Die Polizei weigerte sich, eine Kopie des Durchsuchungsprotokolls oder ein Inventar der beschlagnahmten Gegenstände auszuhändigen. Am Vormittag desselben Tages führte die Polizei auch eine Durchsuchung bei Vladimir Maley, REP-Anwalt in der Region Brest, und Andrei Komlik-Yamatin, REP-Vorsitzender bei Minsk Motor Plant, zu Hause durch. Er wurde in Gewahrsam genommen, weil er sich geweigert hatte, die Tür zu öffnen, und “wegen Missachtung einer Anordnung oder Aufforderung eines Beamten im Dienst” zu 25 Tagen Administrativhaft verurteilt.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

29%

29% der Länder haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Am 5. Juni 2020 besetzten Bergarbeiter in Lugansk, Ukraine, die Untertagemine Komsomolskaya in der Stadt Antratsit, um die Zahlung ausstehender Löhne zu fordern. Die Untertagestreiks in der Mine erfolgten nach einer langen Reihe von Arbeitskämpfen in der Region aufgrund ausstehender Löhne und fehlender Schutzmaßnahmen im ukrainischen Bergbausektor. Am 13. Juni versammelten sich rund 100 Menschen auf dem Marktplatz der Stadt, um die Bergleute zu unterstützen. Der Streik endete in den frühen Morgenstunden, nachdem die Bergwerksleitung den Großteil der ausstehenden Löhne gezahlt und den Bergleuten zugesichert hatte, dass es keine weiteren Festnahmen geben werde. Allerdings blieben 14 zuvor festgenommene Gewerkschaftsaktivisten in Haft, und in anderen Städten wurden 21 weitere Bergarbeiter ebenfalls verhaftet. Die Anklage basierte auf Artikel 252 des Strafgesetzbuches, der “wiederholte Verletzungen der etablierten Ordnung, die Organisation oder Abhaltung von Versammlungen, Sitzungen, Demonstrationen, Märschen oder Streikposten” untersagt und Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis vorsieht.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

In Kirgisistan hat das Bezirksgericht am 10. Juni 2020 aus unbekannten Gründen Anklage gegen Kanatbek Osmonov, den stellvertretenden FTUKg-Vorsitzenden, erhoben und ihn für zwei Monate unter Hausarrest gestellt, ohne Zugang zu Telekommunikationsmitteln und zum Internet, so dass er seine Gewerkschaftsarbeit nicht fortsetzen konnte. Sein Hausarrest wurde am 30. Juni 2020 abgemildert und auf “nächtlichen Hausarrest” beschränkt.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

Zwei Mitglieder der unabhängigen belarussischen Gewerkschaft BITU, Vladimir Berdnikovich und Andrey Prilutsky, wurde Gewalt gegenüber der Polizei zur Last gelegt. Vladimir Berdnikovich wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, nachdem es ihm gelungen war, der Polizei zu entkommen, die einen Protest gewaltsam auflöste. Andrey Prilutsky war dabei, einem älteren Mann zu helfen, der während des Protestes verprügelt wurde, als er schwer geschlagen, verhaftet und zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt wurde.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

In Belarus wurden gegen aktive Gewerkschafter*innen und Arbeitnehmer*innen harte Gerichtsurteile wegen ihrer Teilnahme an den friedlichen Protesten nach den Präsidentschaftswahlen im August 2020 verhängt.

Am 20. Januar 2021 hat der Oberste Gerichtshof von Belarus den Einspruch des Streikkomitees beim Unternehmen Belaruskali abgewiesen und den Streik ein Jahr zuvor für rechtswidrig erklärt. Daria Polyakova, die Koordinatorin des Jugendnetzwerkes der Gewerkschaft REP, die die Beschäftigten in der Rundfunk- und Elektronikindustrie vertritt, wurde wegen “Gewalt oder der Androhung von Gewalt gegenüber einem Mitarbeiter der Behörde für innere Angelegenheiten” zu zwei Jahren Hausarrest verurteilt.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

12%

In 12% der Länder in Europa waren Beschäftigte gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

Während eines von der unabhängigen ukrainischen Bergarbeitergewerkschaft NPGU und dem Bund Freier Gewerkschaften der Ukraine (KVPU) am 1. Juli 2020 in der Nähe des Amtssitzes des Präsidenten der Ukraine in Kiew organisierten Protestes gingen nicht identifizierte Polizeibeamte gegen Arbeitnehmer*innen vor und begannen, sie zu verprügeln, wobei viele von ihnen verletzt wurden. Darüber hinaus wurden Zelte und persönliche Gegenstände, die der NPGU gehörten, rechtswidrig von der Polizei beschlagnahmt.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

Am 24. November 2020 ging die türkische Polizei mit voller Härte gegen Mitglieder der Metallarbeitergewerkschaft Birlesik Metal-Is vor, die einen Marsch von Gebze nach Ankara organsiert hatten, um gegen die ungerechtfertigte Entlassung von Beschäftigten in mehreren Betrieben sowie dagegen zu protestieren, dass Covid-19 zum Vorwand genommen wurde, um gezielt Gewerkschaftsmitglieder in unbezahlten Urlaub zu schicken. Der Beginn des Marsches wurde durch eine massive Polizeipräsenz verhindert, und 109 Birlesik-Metal-Is-Mitglieder wurden in Polizeigewahrsam genommen. Aus Videoaufnahmen von den Verhaftungen geht übermäßige Polizeigewalt hervor.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

37%

37% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Januar 2021 haben die Minsker Behörden ohne Erklärung die Zulassung der BITU-Mitgliedsgewerkschaften von Studierenden und Lehrenden an der Staatlichen Universität von Belarus verweigert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Der Gewerkschaftsbund Kirgisistans (FTUKg) hat sich im Jahr 2020 gegen Versuche der Regierung gewehrt, die Kontrolle über seine gewählten Ämter zu übernehmen.

Am 5. Februar 2020 ist es dem FTUKg-Führungsgremium schließlich gelungen, den FTUKg-Vorsitzenden, Mirbek Asanakunov, abzusetzen, der 2017 mit umfangreicher Unterstützung und Hilfe seitens der Regierung gewählt worden war. Das Führungsgremium ernannte Ryskul Babayeva zur neuen Vorsitzenden. Als Vergeltung führte die Regierung eine Reihe von Hausdurchsuchungen bei führenden FTUKg -Vertreter*innen durch und leitete aus fadenscheinigen Gründen strafrechtliche Ermittlungen ein. Die Arbeit des FTUKg wurde praktisch gelähmt, und seine Bankkonten wurden gesperrt. Sein im Dezember 2020 geplanter Kongress wurde aufgrund der Anordnung des stellvertretenden Ministerpräsidenten, die anstehenden Wahlen auszusetzen, abgesagt. Schließlich war das Mandat der gewählten FTUKg -Mitglieder abgelaufen. Am 10. Dezember 2020 übernahmen mehrere Personen unter Federführung eines Parlamentsabgeordneten die Kontrolle über das Gebäude des Gewerkschaftsbundes.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Am 24. November 2020 haben die Behörden in Moskovsky (einem Minsker Bezirk) beschlossen, den neu gegründeten BITU-Gewerkschaften bei zwei IT-Unternehmen, EPAM Systems und JSC Peleng, unter dem Vorwand, dass es keine gemeinsamen beruflichen Interessen zwischen den Beschäftigten dieser Unternehmen und den Aktivitäten der BITU gebe, die Zulassung zu verweigert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Belarus wird der unabhängigen belarussischen Gewerkschaft BITU und ihren betrieblichen Organisationen seit Jahren die Zulassung aus fadenscheinigen Gründen verweigert. Am 13. Oktober 2021 haben sich die Behörden in Polotsk in rechtswidriger Weise geweigert, die neu gegründete Gewerkschaft beim Glasfaserhersteller Polotsk-Steklovolokno anzuerkennen. Nach belarussischem Gesetz hat eine solche Anerkennungsverweigerung automatisch die Auflösung der Gewerkschaft zur Folge.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Dezember 2020 haben die Kommunalbehörden in Schymkent ein Gerichtsverfahren angestrengt und die Aussetzung der Aktivitäten der Öl- und Energiearbeitergewerkschaft beantragt. Hinter diesem Antrag standen drei Unternehmen, Oil Construction Company LLP, West Oil LLP und Bozashy Trans Kurylys LLP, die behaupteten, dass die Gründungsdokumente und die Struktur der Gewerkschaft nicht den neuen gesetzlichen Bestimmungen entsprächen. Nach einem zügigen Verfahren, das am 20. Januar 2021 begann, entschied das Gericht, die Zulassung der Gewerkschaft auszusetzen. Gegen das Urteil wurde Einspruch erhoben.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Seit der Aufhebung seiner Zulassung am 28. März 2017 wird der Bund Unabhängiger Gewerkschaften Kasachstans (CNTUK) von der Regierung an einer Neuzulassung unter einem anderen Namen gehindert, so dass der Bund keine Gewerkschaftsaktivitäten verrichten kann. Die Frage der Überweisung der beschlagnahmten Gelder des aufgelösten CNTUK an eine andere Gewerkschaft wurde 2021 nicht geklärt.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im April 2020 wurde die Gewerkschaft der Beschäftigten des armenischen Wirtschaftsministeriums von der Regierung verboten, die behauptete, dass die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder nach der Umstrukturierung des Ministeriums Ende 2019 so weit zurückgegangen sei, dass die Gewerkschaft keine Existenzberechtigung mehr habe. Gleichzeitig hat das Ministerium den ausgehandelten automatischen Abzug der Mitgliedsbeiträge von den Gehältern eingestellt.

Die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst Armeniens hat schriftlich eine Klärung gefordert, woraufhin der Minister erwiderte, dass erste Untersuchungen ergeben hätten, dass “die Beschäftigten unzufrieden mit der Gewerkschaft“ seien. Im weiteren Verlauf des Monats tauchten Vertreter des Ministeriums beim Gewerkschaftsvorsitzenden zu Hause auf und zwangen ihn, einen an den Minister adressierten Brief zu unterschreiben, in dem er über die Einstellung der Gewerkschaftsaktivitäten im Ministerium unterrichtet wurde.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

22%

22% der Länder in Europa haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

In der Türkei hat die Istanbuler Polizei am 1. Mai die Büros des Gewerkschaftsbundes DİSK in Istanbul in den frühen Morgenstunden abgeriegelt und den DISK-Generalsekretär Adnan Serdaroğlu, die DISK-Vorsitzende Arzu Çerkezoğlu sowie 25 DISK-Mitglieder festgenommen. Zu der Konfrontation kam es, als die Polizei den Marsch zum Istanbuler Taksim-Platz unter dem Vorwand der Covid-19-Ausgangssperre aufhielt. Die Gewerkschafter*innen wurde am späten Nachmittag wieder auf freien Fuß gesetzt. Es war bereits ihre dritte Verhaftung in dem Jahr.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

Die Regierung von Belarus hat im Jahr 2020 von Gewerkschaften organisierte Sitzungen, Streikposten, Märsche und Demonstrationen verboten. Weiter erschwert wurde die Situation durch den Entscheid Nr. 196 des Ministerrates vom 3. April 2020, dem zufolge die Organisatoren einer Massenveranstaltung noch vor der Antragstellung bei den Lokalbehörden eine lange Liste übertriebener Auflagen erfüllen müssen, wie etwa die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung während der Veranstaltung, medizinische Versorgungsleistungen und Reinigungsarbeiten, für deren gesamte Kosten die Organisatoren aufkommen müssen. Das Gesetz sieht zudem die Möglichkeit vor, eine Gewerkschaft wegen nur eines Regelverstoßes aufzulösen. Diese Bestimmungen kommen einem De-facto-Verbot aller öffentlichen Versammlungen und Streiks von Gewerkschaften gleich.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

In Belgien wurde Anfang September 2020 ein Hilfspolizist im Brüsseler Viertel Molenbeek und Vertreter der Gewerkschaft CGSP entlassen, weil er auf seiner Facebook-Seite Artikel veröffentlicht hatte, in denen das Corona-Krisenmanagement der Regierung kritisiert wurde. Am 3. September fand vor dem Rathaus eine Solidaritätsaktion zugunsten der Meinungsfreiheit des Beschäftigten statt.

In Italien hat Amazon das Recht seiner Beschäftigten auf Privatsphäre verletzt und sie mit Blick auf Gewerkschaftsaktivitäten überwacht.Manuel Dorati / NurPhoto via AFP

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