Gesamtamerika

3,48

Regelmäßige Rechtsverletzungen

Unverändert gegenüber dem Vorjahr

Die gesamtamerikanische Region war von allgegenwärtiger extremer Gewalt und Unterdrückung gegenüber erwerbstätigen Menschen und Gewerkschaftsmitgliedern geplagt. In Brasilien wurden zwei führende Gewerkschaftsvertreter ermordet, in Kolumbien 22 und in Guatemala sieben.

Auf einen Blick

88%

88% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

72%

72% der Länder haben das Tarifverhandlungsrecht verletzt.

72%

72% der Länder haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

76%

76% der Länder in der gesamtamerikanischen Region haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

56%

56% der Länder haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

40%

In 40% der Länder in der gesamtamerikanischen Region waren Beschäftigte gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

88%

88% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

20%

20% der Länder in der gesamtamerikanischen Region haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

In Brasilien, Kolumbien und Guatemala wurden erwerbstätige Menschen ermordet.

Arbeitnehmerrechtsverletzungen

StreikrechtStrafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

88%

88% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

Strafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

Anfang Juni 2020 wurden für bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen demonstrierende Kommunalbeschäftigte in der Stadt Mendoza, Argentinien, von der Provinzpolizei brutal angegriffen, und mehr als 50 Protestierende wurden verhaftet. Als die Proteste fortgesetzt wurden, griff die Polizei immer härter durch, and am 5. Juni 2020 wurden Beschäftigte, die ein Lager im Stadtzentrum aufgeschlagen hatten, von rund 100 Polizisten brutal vertrieben. Bei dem Polizeieinsatz wurden mehrere Beschäftigte verletzt, und Sebastián Henríquez, der Generalsekretär der Gewerkschaft Sindicato Unido de Trabajadores de la Educación (SUTE), wurde verhaftet.

Strafverfolgung führender Gewerkschaftsvertreter*innen wegen Streikbeteiligung

In Saskatchewan, Kanada, eskalierte der seit langem schwelende Konflikt im Zusammenhang mit der Verlängerung des Tarifvertrages bei Co-op Refinery Complex, und im Dezember 2019 kündigte der Arbeitgeber eine Aussperrung an und der Ortsverband 594 der Gewerkschaft Unifor einen Streik. Die Gewerkschaft organisierte zudem Versammlungen und Streikposten. Kurz darauf beantragte das Unternehmen eine gerichtliche Verfügung, um Streikposten einzuschränken, und im Laufe des folgenden Monats warf Co-op Refinery Complex Gewerkschaftsmitgliedern vor, gegen diese Verfügung verstoßen zu haben. In den folgenden Monaten wurden mehrere Gewerkschaftsmitglieder wegen Beteiligung an einem Streikposten verhaftet: Am 21. Januar 2020 wurde der Unifor-Vorsitzende, Jerry Dias, zusammen mit 13 anderen Gewerkschaftsmitgliedern verhaftet, und am 5. Februar 2020 wurden vier Gewerkschaftsmitglieder, die vor dem Betriebsgelände Streikposten standen, festgenommen und wegen Unruhestiftung verklagt. Am 5. Mai 2020 wurden vier weitere Gewerkschaftsmitglieder wegen eines Streikpostens verklagt. Zudem wurden der Gewerkschaft Unifor hohe Geldstrafen auferlegt, zunächst im Januar 2020 in Höhe von 100.000 Can$ (80.142 US$) und dann im Februar 2020 in Höhe von 250.000 Can$ (200.356 US$). Unterdessen flog das Unternehmen Ersatzarbeitskräfte ein.

Im weiteren Verlauf des Jahres mussten sich Gewerkschaftsmitglieder vor Gericht verantworten. Der Vorsitzende des Unifor-Ortsverbandes 594, Kevin Bittman, wurde freigesprochen, aber der stellvertretende Vorsitzende, Lance Holowachuk, wurde für schuldig befunden und zu 40 Sozialstunden verurteilt.

Im Juli 2020 wurde schließlich ein Tarifvertrag unterzeichnet. Als die Gewerkschaftsmitglieder jedoch an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten, begann die Geschäftsführung von Co-op Refinery Complex damit, sie bezüglich ihrer Rolle während der Aussperrung zu befragen. Unifor beantragte daraufhin unverzüglich bei den Behörden eine Unterlassungsanordnung, um dem Arbeitgeber derartige Fragen und Vergeltungsmaßnahmen gegen Streikende zu untersagen.

StreikrechtEntlassungen wegen Streikbeteiligung

88%

88% der Länder haben das Streikrecht verletzt.

Entlassungen wegen Streikbeteiligung

Am 1. Juni 2020 hat der chilenische Kaufhausmulti Falabella 22 Lagerarbeiter in Peru, die Corona-Schutzausrüstung verlangt hatten, ungerechtfertigterweise entlassen. Nach einer kurzen Schließung hatte der Multi sein peruanisches Vertriebszentrum Anfang Mai 2020 wieder geöffnet, obwohl die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft SUTRASAF Bedenken angesichts unzulänglicher Schutzmaßnahmen geäußert hatten. Beispielsweise erhielten die Beschäftigten nur eine Maske pro Woche. Diese unsicheren Bedingungen veranlassten die Belegschaft von Falabella dazu, bis zur Ergreifung angemessener Maßnahmen von ihrem Recht auf die Einstellung ihrer Arbeit Gebrauch zu machen. Als sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten, wurden sie suspendiert und schriftlich über ihre anstehende Kündigung unterrichtet. Später wurden sie fristlos entlassen. Unterdessen berichteten die Beschäftigten über mindestens 30 Covid-19-Fälle unter der 300-köpfigen Belegschaft in der Einrichtung.

Entlassungen wegen Streikbeteiligung

In Costa Rica wenden sich die Arbeitgeber häufig an die Gerichte, um die Versuche der Beschäftigten, Streiks zu organisieren, zu vereiteln, wobei sie behaupten, dass es sich um wesentliche Dienstleistungen handele, die sie erbringen, und somit Streikbeschränkungen gelten. Am 18. Oktober 2020 hat das Arbeitsgericht San José dem Antrag der Sozialversicherungsanstalt Caja Costarricense de Seguro Social (CCSS)stattgegeben, wonach Beschäftigte in der Wäscherei des öffentlichen Krankenhauses als systemrelevant betrachtet werden sollten. Ihre Arbeitsniederlegung vom 23. September aus Protest gegen Mobbing seitens der Geschäftsführung wurde somit von dem Gericht für rechtswidrig erklärt. Der Richter ließ die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zu und verurteilte ihre Gewerkschaft Sinae zur Zahlung der Gerichtskosten.

Entlassungen wegen Streikbeteiligung

Haitis Bekleidungsarbeiter*innen hatten Mühe, inmitten der Covid-19-Pandemie, durch die die wirtschaftliche und soziale Krise in dem Land weiter verschärft wurde, über die Runden zu kommen. Rund ein Drittel der 57.000 Beschäftigten in der haitianischen Bekleidungsindustrie wurde suspendiert oder entlassen und hatte trotz früherer Zusagen noch keine Entschädigung von der Regierung erhalten. Für die übrigen galten verkürzte Arbeitszeiten in unsicheren Fabriken, in denen es selbst an grundlegendsten Vorsichtsmaßnahmen mangelte, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern.

Im August 2020 versuchten führende Vertreter*innen der Textilgewerkschaft GOSTTRA, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Bei Premium Apparel wurden 43 Gewerkschaftsvertreter*innen und -mitglieder entlassen, nachdem sie gegen den Beschluss des Arbeitgebers, sie nach Hause zu schicken, protestiert hatten.

Recht auf Tarifverhandlungen

72%

72% der Länder haben das Tarifverhandlungsrecht verletzt.

Recht auf Tarifverhandlungen

Am 21. November 2020 erhielt Luis Samán, der Generalsekretär der Gewerkschaft bei der Brauerei Unión de Cervecerías Peruanas Backus and Johnston S.A.A, ein Kündigungsschreiben. Die peruanische Tochter von AB InBev warf ihm vor, dem Image des Unternehmens geschadet zu haben, als er auf den mangelnden Arbeitsschutz bei AB InBev Backus während des nationalen Covid-19-Notstandes aufmerksam gemacht hatte. Am 23. November wurde der Pressesekretär der Gewerkschaft, Jhon Gutarra, ohne objektiven Grund fünf Tage lang suspendiert.

Die Gewerkschaft hatte während der Pandemie versucht, über Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen und die Vermeidung von Entlassungen zu verhandeln, aber nach dem Scheitern der Verhandlungen wollte Backus and Johnston die Beschäftigten zur Unterzeichnung individueller Vereinbarungen zwingen, was dank der Gewerkschaftskampagne niemand getan hat.

Recht auf Tarifverhandlungen

Im November 2020 hat die Lebensmittelarbeitergewerkschaft STIBYS das honduranische Arbeitsministerium um eine Intervention gebeten, um die AB InBev gehörende Bierbrauerei Cervecería Hondureña an Tarifvertragsverletzungen zu hindern. Im Laufe des Jahres 2020 hatte die Brauerei gegen den Tarifvertrag verstoßen und 800 Festangestellte durch Gelegenheitsarbeitskräfte ersetzt sowie zwischen März und November keine regulären Löhne gezahlt, so dass die Beschäftigten in extrem prekäre Situationen gerieten. Zudem wandte die Geschäftsführung gewerkschaftsfeindliche Taktiken an, als sie den STIBYS-Vorstand am 8. Oktober 2020 einbestellte, um ihn über Sanktionen zu unterrichten, die sie gegen einige Mitglieder wegen der Organisation einer Protestaktion vor dem Betriebsgelände verhängen wollte.

Recht auf Tarifverhandlungen

Die Regierung des Bundesstaates São Paulo hat Vorschläge der Gewerkschaft der U-Bahn-Beschäftigten in vier aufeinanderfolgenden Verhandlungsrunden ignoriert und sich selbst über das regionale Arbeitsgericht hinweggesetzt, das versucht hatte, bezüglich einer einseitigen Lohnkürzung im Juni 2020 (ein Verstoß gegen den Branchentarifvertrag) zu vermitteln.

Recht auf Tarifverhandlungen

In Espírito Santos und Bahia hat sich Nestlé geweigert, die Gewinnbeteiligung an die Beschäftigten auszuschütten, wie im betrieblichen Tarifvertrag vorgesehen. Die Geschäftsleitung schlug zudem vor, die Essenszulage um 48,6 % zu kürzen, von 680 Real auf 350 Real (124 US$ – 63 US$). Nach Protesten der Belegschaft zog Nestlé diese Vorschläge wieder zurück.

Recht auf Tarifverhandlungen

In Brasilien haben viele Unternehmen wirtschaftliche Schwierigkeiten infolge der Covid-19-Pandemie zum Vorwand genommen, um gegen Tarifverträge zu verstoßen, Gewerkschaften nicht zu konsultieren und Massenentlassungen vorzunehmen. Am 3. September 2020 hat Embraer, ein brasilianisches Unternehmen, das Luft- und Raumfahrtprodukte herstellt, die Entlassung von 2.500 Beschäftigten angekündigt. Die Entlassungen erfolgten ohne Verhandlungen mit der Metallarbeitergewerkschaft von São José dos Campos und verstießen gegen eine am 9. April 2020 unterzeichnete Vereinbarung über den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu GewerkschaftenGewerkschaftsfeindlichkeit

72%

72% der Länder haben Beschäftigte vom Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ausgeschlossen.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

Am 27. April 2020 hat der Essenslieferdienst Foodora Kanada angekündigt, dass er den kanadischen Markt am 11. Mai verlassen werde, und Konkurs angemeldet. Als Gründe wurden seine “ausgebliebenen Gewinne und die Sättigung des kanadischen Marktes für Essenslieferdienste” angegeben. Der Zeitpunkt war jedoch verdächtig, da die Ankündigung vor dem Hintergrund eines Anerkennungsantrages der kanadischen Gewerkschaft CUPW (Canadian Union of Postal Workers) bei der Arbeitsbeziehungsbehörde von Ontario erfolgte, die am 25. Februar 2020 entschieden hatte, dass Foodora-Fahrer*innen abhängig beschäftigt und somit tarifverhandlungsberechtigt seien. Dieser Entscheid ermöglichte die Auszählung der im August 2019 abgegebenen Stimmen zugunsten der Anerkennung der Gewerkschaft als Tarifpartei. Im Juni 2020 wurde das Ergebnis bekannt gegeben: Fast 90 Prozent der Foodora-Fahrer hatten für eine Vertretung durch die CUPW gestimmt und wurden die ersten App-basierten Beschäftigten Kanadas, denen eine gewerkschaftliche Organisierung gelungen war. Im August 2020 konnten die CUPW und Foodora-Fahrer*innen einen Sieg feiern, da sich die CUPW und Delivery Hero, das Mutterunternehmen von Foodora Kanada, auf eine Entschädigung in Höhe von 3,46 Millionen Can$ für die Fahrer*innen verständigt hatten.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

Uber, Lyft und DoorDash haben während des Jahres 2020 die teuerste Kampagne in der Geschichte Kaliforniens geführt, “Proposition 22“, um gegen AB5 zu kämpfen, ein neues Gesetz des Bundesstaates, mit dem bestimmte Gruppen von Gig-Beschäftigten als Angestellte eingestuft wurden. AB5 hätte zur Folge gehabt, dass Plattformunternehmen ihre Fahrer*innen einstellen, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und andere Leistungen übernehmen müssten. Die Plattformgiganten haben mehr als 200 Millionen US-Dollar für Werbung in dem Bundesstaat ausgegeben, um die Wähler von ihrer Position zu überzeugen, und sich bei der Abstimmung am 5. November 2020 durchgesetzt. Das Gesetz AB5 wird somit nicht für Unternehmen der Gig-Wirtschaft gelten, die ihre Fahrer*innen auch künftig als selbstständige Unternehmer*innen behandeln können. Als Zugeständnis an Arbeitnehmerrechtsverfechter wurden begrenzte Leistungen wie Lohnzusagen und Zuschüsse zur Krankenversicherung angeboten. Anfang Januar 2021 haben die Gewerkschaft Service Employees International Union und eine Gruppe von Fahrer*innen eine Petition beim Obersten Gerichtshof des Bundesstaates eingereicht, um die “Proposition 22“ für ungültig erklären zu lassen.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

Trotz riesiger Profite, die den Produzenten jährlich 10 Milliarden US$ einbringen, hat sich Ecuadors Bananenindustrie von den Forderungen der Gewerkschaften unbeeindruckt gezeigt. Die Organisation von Gewerkschaften war in Ecuador nach wie vor schwierig. Nur ein Prozent der Bananenarbeiter*innen sind Gewerkschaftsmitglieder, aus Angst vor schwarzen Listen und wegen Gewaltdrohungen, auch bei multinationalen Unternehmen wie Fyffes.

Die Arbeitsbedingungen in der Bananenindustrie waren unterdessen erschreckend. Die Hälfte der Arbeiter*innen musste länger als 14 Stunden pro Tag arbeiten und erhielt im Durchschnitt 3,50 US$ pro Tag, d.h. weniger als den Mindestlohn. Zudem mussten sie bestimmte Produktionsziele erfüllen, um überhaupt bezahlt zu werden. Die Produzenten haben darüber hinaus die Kosten gesenkt und lasche Arbeitsgesetze ausgenutzt, indem Arbeitskräfte “dauerhaft befristet” eingestellt wurden. Von diesen schlechten Arbeitsbedingungen waren mehr als 200.000 ecuadorianische Arbeitskräfte in dem Sektor betroffen.

Gewerkschaftsfeindlichkeit

In Costa Rica hat das Busunternehmen Tapachula mehrere Fahrer fristlos entlassen, weil sie der Gewerkschaft ANEP beigetreten waren.

Recht auf Gerechtigkeit

76%

76% der Länder in der gesamtamerikanischen Region haben Beschäftigten den Zugang zur Justiz verweigert.

Recht auf Gerechtigkeit

Moisés Sánchez, der Generalsekretär der Agrargewerkschaft Sindicato de Trabajadores de la Agroindustria y Similares (STAS) auf den Melonenplantagen von Fyffes in Choluteca, Honduras, wurde im Jahr 2019 aufgrund erfundener Anschuldigungen im Zusammenhang mit der “widerrechtlichen Aneignung von Land” angeklagt, nachdem er den Bau einer Zufahrtsstraße durch sein Dorf La Permuta im November 2018 unterstützt hatte, um den Anwohnern den Zugang zu den Farmen und Feldern zu erleichtern. Sánchez musste mit bis zu 30 Jahren Gefängnis rechnen. Das für den 22. Januar 2020 angesetzte Verfahren fand aufgrund nationalen und internationalen Drucks nicht statt. Diese falschen Anschuldigungen waren der jüngste Versuch im Rahmen einer langjährigen Kampagne, die auf die Zerstörung der STAS abzielte.

Sánchez, der im Jahr 2017 einen Machetenangriff überlebt hatte und im selben Jahr von Fyffes entlassen worden war, wurde seit Oktober 2019 erneut überwacht und bedroht. Das Obstunternehmen Fyffes beschäftigt mehr als 6.500 Menschen mit prekären Verträgen auf den Melonenplantagen in Honduras. Das Unternehmen war der STAS von jeher feindlich gesinnt.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

56%

56% der Länder haben Beschäftigte verhaftet und inhaftiert.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

In Haiti folgten Lehrkräfte dem Aufruf mehrerer Bildungsgewerkschaften und beteiligten sich im September 2020 an einem Generalstreik, um eine bessere Vergütung zu fordern. Lehrkräfte beziehen in dem Land weniger als umgerechnet 200 US$ pro Monat, und ihre Kaufkraft ist in drei Jahren infolge des Wertverlustes der lokalen Währung Gourde um mehr als 40 Prozent zurückgegangen.

Im Anschluss an den Generalstreik wurden gegen mehrere führende Gewerkschaftsvertreter*innen Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, darunter Magalie Georges, Generalsekretärin der Gewerkschaft CNEH; Georges Wilbert Franck, Generalsekretär der Gewerkschaft UNNOEH; sowie vier führende Vertreter*innen der Gewerkschaft MENFP. Angaben der haitianischen Gewerkschaften zufolge würden in der Gewerkschaftsbewegung aktive Lehrkräfte von der Polizei verfolgt und sich zum Teil aus Angst um ihr Leben verstecken.

Recht auf bürgerliche Freiheiten

In Kanada eskalierte der seit langem schwelende Konflikt zwischen Co-op Refinery Complex und dem Ortsverband 594 der Gewerkschaft Unifor im Zusammenhang mit der Neuverhandlung des Tarifvertrages, als Gewerkschaftsmitglieder Versammlungen und Streikposten organisierten und das Unternehmen sie aussperrte.

Am 16. Dezember 2019 beantragte der Arbeitgeber eine gerichtliche Verfügung, um Streikposten einzuschränken, u.a. durch die zeitliche Begrenzung von Fahrzeugblockaden vor dem Betriebsgelände. Im Laufe des folgenden Monats wurde Gewerkschaftsmitgliedern vorgeworfen, gegen diese Verfügung zu verstoßen, und am 21. Januar 2020 wurde der Unifor-Vorsitzende, Jerry Dias, zusammen mit 13 anderen Gewerkschaftsmitgliedern verhaftet.

In den frühen Morgenstunden des 5. Februar 2020 wurden Gewerkschaftsmitglieder wegen eines Streikpostens außerhalb des Betriebsgelände von Co-op Refinery in Regina, Saskatchewan, festgenommen, darunter Ryan James David Briggs, James Peter Robert Cheeseman, Scott McKinnon und Steven Angus Vargo. Allen vier Gewerkschaftern wurde Unruhestiftung und Missachtung einer gerichtlichen Verfügung vorgeworfen und mit einem Bußgeld in Höhe von 5.000 Can$ (4.002 US$) gedroht. Ihr Gerichtsverfahren sollte am 23. März 2020 beginnen.

Am 12. Februar wurde Unifor wegen “wiederholten Verstoßes gegen die gerichtliche Verfügung” zwischen dem 28. Dezember 2019 und dem 27. Januar 2020 zu einer Geldstrafe in Höhe von 250.000 Can$ (200.084 US$) verurteilt. Der Vorsitzende des Unifor-Ortsverbandes 594, Kevin Bittman, wurde freigesprochen, aber der stellvertretende Vorsitzende, Lance Holowachuk, wurde für schuldig befunden und zu 40 Sozialstunden verurteilt.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

40%

In 40% der Länder in der gesamtamerikanischen Region waren Beschäftigte gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

In Honduras ist die Gewalt gegenüber führenden Gewerkschaftsvertreter*innen und Arbeitskräften endemisch, vor allem im Agrarsektor, wo die Unternehmen nicht zögern, Schläger anzuheuern, um Arbeiter*innen zu verprügeln, zu mobben und anzugreifen, wenn sie versuchen, Gewerkschaften zu gründen oder beizutreten. Bei einer Untersuchung unter Beschäftigten in der Bananenindustrie wurde kürzlich festgestellt, dass 59% der befragten Frauen, die bei nicht gewerkschaftlich organisierten Verpackungsbetrieben arbeiteten, sexueller Belästigung und anderen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt bei der Arbeit ausgesetzt waren, gegenüber neun Prozent der Frauen in gewerkschaftlich organisierten Verpackungsbetrieben. Nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitskräfte haben 81% häufiger unter Beschimpfungen zu leiden als Gewerkschaftsmitglieder.

Gewaltsame Angriffe auf Beschäftigte

Am 22. Juli 2020 wurden mehrere Menschen verletzt, als die Polizei einen friedlichen Protest am Port of Belize Limited (PBL), dem Hafen von Belize City, auflöste. Die Demonstration hatten Mitglieder der Gewerkschaft Christian Workers’ Union (CWU) organisiert, um gegen Lohnkürzungen und die Entlassung von 36 Kollegen zu protestieren. Mitglieder der Bandenbekämpfungstruppe intervenierten und setzten Tränengas und Gummigeschosse ein, um die Menge zu zerstreuen. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt, in einem Fall durch ein Gummigeschoss, das den Kopf traf.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

88%

88% der Länder haben die Zulassung von Gewerkschaften behindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Viele Gewerkschaften in Haiti konnten im Jahr 2021 keine Tätigkeiten verrichten, während sie auf ihre Zulassung warteten, darunter die beiden Gewerkschaften, die CODEVI-Beschäftigte vertreten (SYNTRAC und USOCO); die Syndicat des Travailleurs-euses du Ministère de la Santé Publique et de la Population (STMSPP) und die Syndicat des Employés de l'Institut Haïtien de Statistiques et d'Informatique (SEIHSI); die Syndicat des Ouvriers MAS-AKANSYÈL (SO-MA-AKAN); die Syndicat National des Employés de la DGI (SYNATE-DGI); die Syndicat des Employés du Ministère de l'Agriculture, des Ressources Naturelles et du Développement Rural (SEMARNDR) und die Syndicat du Personnel de la Primature (SYPP).

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Im Oktober 2020 sind mehrere Personen in das Hauptbüro der Vereinigung AGEPYM (Asociación General de Empleados Públicos y Municipales) eingebrochen, die Staats- und Kommunalbedienstete in der Stadt San Salvador vertritt. Die Eindringliche bezeichneten sich selbst als "neuen" Vorstand und zwangen die legitimen Vorstandsmitglieder zum Verlassen des Gebäudes.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

Die Regierung von El Salvador hat 2021 verstärkt Druck auf die Gewerkschaften ausgeübt und schließlich im März 2021 beschlossen, allen demokratischen Gewerkschaften ihr Mandat zu entziehen und sie somit von der Beteiligung an sämtlichen dreigliedrigen Konsultationen auszuschließen. Durch diesen willkürlichen Beschluss werden den Gewerkschaften ihre Rechte vorenthalten und normale Gewerkschaftsaktivitäten in dem Land unterbunden.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Haiti haben es die Gewerkschaften schon immer schwer gehabt, ihre Zulassung zu erwirken. Die Behörden verlangen in rechtswidriger und willkürlicher Weise Satzungsänderungen von Gewerkschaften, bevor sie sie zulassen. Zudem unterrichten die Behörden den Arbeitgeber vor der Zulassung über einen diesbezüglichen Antrag und erkundigen sich bei ihm, ob die aufgelisteten Beschäftigten Teil des Unternehmens sind. Dadurch haben die Arbeitgeber genügend Zeit und Gelegenheit, um diese Beschäftigten vor der Gründung der Gewerkschaft zu entlassen. Dieses gewerkschaftsfeindliche Verhalten hat die Zulassung vieler unabhängiger Gewerkschaften verhindert.

Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten

In Kanada wurde in der Provinz Alberta der Gesetzentwurf Nr. 32 eingebracht, der die Gründung von Gewerkschaften erschwert, indem Zeitpläne für die Abstimmung über eine Gewerkschaftsvertretung abgeschafft werden und die Möglichkeit entfällt, dass die Arbeitsbeziehungsbehörde Gewerkschaften im Falle unlauterer Arbeitspraktiken des Arbeitgebers automatisch ihre Vertretungsbefugnis bescheinigt. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Gewerkschaften die Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedes einholen müssen, um Beiträge erheben zu können, die nicht direkt mit ihrer Vertretung zusammenhängen. Der Gesetzentwurf hat am 29. Juli 2020 die königliche Zustimmung erhalten.

In der Provinz Manitoba hat die Regierung den Gesetzentwurf Nr. 16 eingebracht, der den Behörden neben anderen regressiven Änderungen größere Befugnisse einräumen würde, um die Anerkennung von Gewerkschaften als Tarifparteien abzulehnen, die Verwendung von Gewerkschaftsgeldern zu überprüfen und Gewerkschaften aufzulösen.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

20%

20% der Länder in der gesamtamerikanischen Region haben die Rede- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit

Am 15. Mai 2020 hat das Unternehmen Brinks Kolumbien den nationalen Gewerkschaftsvorsitzenden Frank Gualdron mit der Begründung entlassen, dass er Fotos von einem arbeitsbezogenen Protest auf Facebook gepostet habe. Gualdron war einer von acht Gewerkschaftsvertretern bei Brinks, denen offenbar im Rahmen einer gezielt gewerkschaftsfeindlichen Strategie gekündigt wurde, seit Kolumbien im März 2020 einen Covid-19-bedingten Gesundheitsnotstand ausgerufen hatte.

Beschäftigte im Gesundheitswesen fordern in El Salvador Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Die Regierung hat mit der Aufhebung der Zulassung aller demokratischen Gewerkschaften das Recht auf Gewerkschaftsaktivitäten verletzt.Yuri Cortez / AFP

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